LVZ-Artikel zur Expertenbeiratssitzung Mo(nu)ment mal!
- LVZ-Artikel vom 13.02.2020, Lokales, S. 29 & 30, von Kathrin Kabelitz
Wie viel Bock auf einen Besuch machen Kirche, Mühle und Co.?
Landkultur statt Landflucht: Modellprojekt am Evangelischen Schulzentrum läuft
Schüler der 8. Klasse des Evangelischen Schulzentrums Bad Düben präsentieren zur Expertenbeiratssitzung Ergebnisse ihre Projektwoche.
Foto: K. Kabelitz
Bad Düben. Ein halbes Jahr ist es her, seit im Wittenberger Predigerseminar Vertreter von EKD-Schulstiftung und Evangelischem Schulzentrum Bad Düben ihre Unterschrift unter einen ehrgeizigen Zukunftsvertrag setzten und damit den Startschuss für das Pilotprojekt Mo(nu)mental gaben, das bundesweit einzigartig ist: In den nächsten zwei Jahren sollen Schülerfirmen entstehen und Kulturlotsen Bock auf Düben machen. Motto: Landkultur statt Landflucht. Wie das Projekt angelaufen ist und wie es weitergeht, war nun Thema einer Expertenbeiratssitzung in der Obermühle Bad Düben – mit lokalen Partnern, Unternehmern aus der Region sowie Vertretern aus Wirtschaft, Wissenschaft, Kultur und Kirche.
■ Worum geht es? Mit dem Anspruch „Kultur ist Gewinn“ suchen Schüler des Evangelischen Schulzentrums Zugänge, um ihr Kulturerbe zu bewahren. Dabei entwickeln sie Geschäftsideen, die das regionale Bewusstsein für die Kultur „vor der Haustür“ stärken und eine Wiederentdeckung der eigenen Kulturschätze auslösen. Ziel ist es, Schülerfirmen zu gründen, die dann auch von nachfolgenden Jahrgängen weitergeführt werden.
■ Wer macht mit? 17 Schüler der 8. Klassen arbeiten im Rahmen des ökonomisch/ökologisch ausgerichteten Profils mit dem Projektverantwortlichen Udo Reiss zusammen.
■ Wer sind die lokalen Projektpartner? Es sind fünf. Evangelische Kirchgemeinde, Deutsche Lutherweg-Gesellschaft, Köhlerei Eisenhammer, Landschaftsmuseum Dübener Heide sowie Museumsdorf-Verein Dübener Heide.
■ Was ist bisher gelaufen? Das trugen Lucy, Elias, Linus, Laura und Eva vor. Die Schüler haben sich zu Inhalten und Zielen verständigt, die Theorie zu Ökonomie und Ökologie abgesteckt. Konkret wurde es zur Projektwoche: Exkursionen und Fahrradtouren führten sie zu den Projektpartnern. Dort führten sie Interviews mit den Ansprechpartnern, bewerteten die Angebote unter dem Blickwinkel: Wie viel Bock machen diese auf Bad Düben? Sie erarbeiteten ein Stärke-Schwäche-Protokoll und daraus resultierend Ideen und Chancen. Lucy machte das am Beispiel Köhlerei fest: Stärken aus Sicht der Schüler: großes Gelände, einzigartige Angebote, große Bühne. Schwächen: schlechte Ausschilderung, Probleme mit dem Biber, schwer zu erreichen. Potenziale: Tour auf dem Lutherweg, Übernachtung. Vier Gruppen gründeten sich. 1. Werbung und Mediengestaltung – möchte Bad Düben und Umgebung für Leipzig und Region attraktiver machen. 2. Tourenplanung – wollen Radtouren von Bad Düben zu den Partnern planen. 3. Schülerkino – plant Film- und Theateraufführungen. 4. Eventplanung – möchte Partys und sonstige Events organisieren.
■ Wie geht es jetzt weiter? Im zweiten Halbjahr soll es nun vor allem um das Thema Ökonomie gehen. Dabei stehen Fragen im Fokus wie: Was muss man tun, um eine Firma gründen zu können? Welche Rechtsform wird gewählt? Wie kann Gewinn erzielt werden? Der Theorie folgt die Praxis. „Bis Ende des Schuljahres sollen konkrete Ideen vorliegen, was wir machen wollen, ob als eigene Idee oder von Partnern übernommen“, so Udo Reiss. Umsetzung im nächsten Schuljahr.
■ Was brauchen die Schüler von den Partnern? Klare Antwort: Ideen, Erfahrungen ... Geld.
■ Wie reagieren die Partner? Dazu stellvertretend Werner Wartenburger vom Museumsdorf-Verein: „Wir haben viel zu bieten, Imkerei, Mühlen-Café, Führungen. Überhelfen wollen wir euch nichts. Werdet aktiv und sprecht uns an!“
■ Was sagt die Expertenrunde? Sie begleitet den Prozess, vermittelt Inspirationen, Anregungen, was beispielsweise Vernetzung oder Partnersuche betrifft. Potenzielle Themen wie Firmen-Ethik im Zuge einer Firmengründung, Ideen wie Teilnahme am Landeswettbewerb Schülerfirmen, Radtouren zu örtlichen Unternehmen, Firmenpatenschaften und mehr wurden zusammengetragen. Nächste Runde im Sommer.
Kommentar von Kathrin Kabelitz
Lohnt es sich, Bad Düben und Umgebung zu besuchen? Gibt es Angebote, dass sich Menschen hier wohlfühlen und Jugendliche Angebote vorfinden, auf die sie wirklich Bock haben? Angelehnt an das Motto der Kurstadt stellen Achtklässler Offerten ihrer Stadt und ihrer Region mittels eines Bock-o-Meters auf den Prüfstand, entwickeln Ideen zur Veränderung oder Verbesserung. All das im Rahmen eines Modellprojektes, bei dem auf Grundlage von Geschäftsideen kulturelle Schätze vor der Haustür entdeckt und Heimat erfahrbar gemacht werden sollen. Ganz wichtig dabei ist: Sie werden selbst zu Akteuren. Warum? Der Alltag der Lernenden spielt sich vor allem in Schule, Privat- und virtuellem Bereich aber kaum noch im öffentlichen Raum ab und damit fernab von Politik, Kultur und Wirtschaft. Das Projekt will dagegen steuern, die Vernetzung zu diesen Bereichen der Gesellschaft schaffen, Bildungsprozesse auf zwei Ebenen in den Fokus stellen – Kultur entdecken und Gewinn machen. Ein interessanter Ansatz für ein Projekt, das am Anfang steht, dessen Ergebnisse aber mit Spannung erwartet werden. Denn was Bad Düben vormacht, können – oder sollen – andere nachmachen. Mal sehen was draus wird.